Sonntag, 12. Juli 2009

In der Sonntagspresse: Magna bäckt kleine Brötchen

SC Magna Wiener Neustadt: Magna bäckt kleine Brötchen
11.07.2009 | 18:00 | von Gerhard Hofer (Die Presse)

Frank Stronachs SC Magna Wiener Neustadt startet in fünf Tagen das Kapitel erste Bundesliga. Die Truppe von Trainer Helmut Kraft hat ein unglaubliches Ziel: Sie will Mittelmaß sein.

Er wollte mit den Adlern kreisen – und nicht mit den Hendln pecken. Er versprach der Wiener Austria den Champions-League-Titel und sah Österreichs Fußballteam als Weltmeister. Frank Stronach hat in seinem Leben bewiesen, was man mit Visionen alles erreichen kann. Nur im Fußball hat er es mit Geld versucht – und ist kläglich gescheitert.

Am Freitag werden wieder mehr Blicke in die Königsloge gerichtet sein als auf die Bühne. König Frank hat sich angesagt. Immerhin spielt sein SC Magna Wiener Neustadt erstmals in der obersten Spielklasse. Gegen Kärnten wird die Hütte ausverkauft sein. 7500 Zuschauer fasst das Stadion. „Hütte“ ist wohl der bessere Ausdruck für das baufällige, für einen modernen Fußballbetrieb unbrauchbare Stadion. Längst wird eine neue Arena geplant. „Die Umweltverträglichkeitsprüfung ist im Gange“, sagt Manager Ernst Neumann.

Neumann ist Stronachs Statthalter in Wiener Neustadt. Seit Jahren ist er ein treuer Diener seines Herren. Bei der Wiener Austria hat man ihn noch in unliebsamer Erinnerung. Dort hat er „ordentlich umgedreht“, wie es heißt.

In Wiener Neustadt dreht Neumann auch um. Aber anders als einst in Wien. „Ich muss jeden Euro umdrehen“, sagt er zur „Presse am Sonntag“. 8,5 Millionen hat ihm Frank überlassen. Das ist ein Drittel von dem, was der Mäzen einst pro Jahr in die Austria gepulvert hat. „Wir müssen kleinere Brötchen backen und trotzdem erfolgreich sein“, sagt Neumann und klingt um eine Spur zu bescheiden. Denn hinter Salzburg, Austria, Rapid und Sturm verfügt das Magna-Team über das fünftgrößte Budget. Für einen Stronach-Klub „kleine Brötchen“. Und das Ziel, das Neumann anpeilt, ist für Stronach'sche Grundsätze geradezu unfassbar. „Wir wollen uns in der goldenen Mitte etablieren“, sagt Neumann. Das neue Ziel heißt Mittelmaß.

Wiener Neustadt ist von Fußballhysterie genauso weit entfernt wie Österreich vom WM-Titel. Trotzdem sind die Erwartungen in der Region höher. Nicht nur die 500 Jahreskartenbesitzer wären über Mittelmaß maßlos enttäuscht. In der mit 41.000 Einwohnern elftgrößten Stadt das Landes träumen viele vom „österreichischen Hoffenheim“. Gerald Pavlicek meint, die Fans wären mit einem Platz im Mittelfeld zufrieden. Er ist der offizielle Fanbeauftragte. Noch ist seine Tätigkeit überschaubar. 30 „Ultras“ stellen das Drohpotenzial auf der Wiener Neustädter Tribüne dar. Bei Auswärtsspielen zahlt der Verein einen Teil der Busfahrt. So sind zumindest an die 80 Hartgesottene mit von der Partie. Bei diesem Support von Mittelmaß zu sprechen wäre übertrieben.


Ruhige Töne. Auch Helmut Kraft ist kein Freund lauter Töne. Sachlich geht der Trainer die Sache an. Wie ein Tiroler Schlepplift peilt er sein Ziel an. So hat er einst in Ried gearbeitet – und ist am Ende Vizemeister geworden.

Heute verfügt er über eine bessere Mannschaft als damals bei Ried. Und mehr als der Marktwert von knapp neun Millionen Euro zählt das Potenzial der Spieler. „Ich hab Leute im Kader, die schon bald ein Thema für die Nationalmannschaft sein werden“, ist Kraft überzeugt. Von den jungen „Tigers“ stachen in den Testspielen der 20-jährige Guido Burgstaller und der 23-jährige Mario Reiter hervor. Die beiden Mittelfeldspieler dürften zur Stammelf zählen. Schwieriger wird es da schon für das Jungtalent Alexander Grünwald werden. Auf der Position des Absolventen der Frank-Stronach-Akademie spielt Vaclav Kolousek. Der 33-jährige Spielmacher aus Tschechien ist die Schaltzentrale der Mannschaft, legte in der abgelaufenen Saison 20 Tore auf und dürfte neben Torhüter Saso Fornezzi aus Slowenien der einzige Gesetzte in der Kraft-Elf sein.

Denn das Wort „Fixleiberl“ gibt es nicht. Das muss auch der frühere Bundesliga-Torschützenkönig Sanel Kuljic zur Kenntnis nehmen. Der 32-Jährige wurde schon vergangene Saison vom Stürmerkollegen Hannes Aigner an die Wand gespielt. Nun holte Kraft mit dem Brasilianer Diego Viana den Torschützenkönig der Adeg-Liga aus Gröding. Mit Mirnel Sadovic und Mensur Kurtisi stehen zwei weitere junge, hungrige Goalgetter parat.

„Unsere Qualität liegt in der Offensive“, weiß der Trainer. Die Defensive war bisher die Schwachstelle, wenn auch kaum offensichtlich. Zu dominant waren die Wiener Neustädter in der zweiten Spielklasse. Bevor es nun gegen Salzburg, Rapid und Co. geht, hat sich Magna deshalb massiv in der Verteidigung verstärkt. Mit Teamspieler Ronald Gercaliu (Salzburg) und dem Tschechen Pavel Kostál (Slovan Liberec) stießen zwei versierte und routinierte Abwehrspieler dazu.

Mittelmaß oder maßlose Untertreibung? Das Spiel gegen Kärnten wird kaum Aufschluss geben. „Wenn wir gewinnen, sind wir Titelanwärter, wenn wir verlieren, Abstiegskandidat“, argwöhnt Kraft. Verlieren wäre zumindest ein gutes Omen. Denn der Start in die Adeg-Liga ging vor einem Jahr gegen St. Pölten mit 0:3 auch gründlich daneben. Am Ende holten die Blau-Weißen den Titel. „Ich bin nicht abergläubisch“, sagt Kraft und meint: „Kärnten ist ein Gegner, den wir schlagen können.“

Aber das schlimmste Ergebnis gegen die bestenfalls mittelmäßigen Kärnten wäre wohl ein Unentschieden. Das wäre Mittelmaß in Reinkultur.


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